Samstag, 7. Juli 2012

Rund um das obere Ferndorftal

Wanderung von 4.Juli 2012


Das hat ja nun wirklich lange gedauert, bis ich hier weiterschreiben kann. Aber, das weiß ja jeder, der Sommer 2011 war  nicht so der Brüller.
Vor allem für eine bekennende "Schön-Wetter-Wanderin" wie mich.  Aber was lange währt, wird bekanntlich immer gut...okay, meistens.

Angesammelte Überstunden bescheren mir ein paar freie Tage und der Wetterbericht verspricht einen sonnigen, warmen Tag. Voller Vorfreude kaufe ich meinen Proviant für unterwegs und packe meinen Rucksack. Hut auf, Stöcke gegriffen und schon heißt es:
Tschüss Alltag, bis später.

Geplant ist eine Tour rund um das obere Ferndorftal, sozusagen Hilchenbacher Höhenring "light". Für den Anfang reicht das.



Frohgelaunt marschiere ich von zu Hause los, um nach 10 Minuten den ersten Anstieg vor mir zu haben. Wer hoch hinaus will, muss steigen. Kurz bevor der Weg im Wald verschwindet, geniesse ich noch einen Blick auf mein kleines Heimatstädtchen Hilchenbach.



Die Strasse endet in einem schönen Wiesenweg, der mich am Waldrand Richtung Vormwald führt.
Leicht missmutig betrachte ich die kleine graue Wolke, die sich inzwischen vor die Sonne gesetzt hat. Wehe die wird grösser.
Gutgelaunt marschiere ich durch das feuchte Gras, vorbei am Sender "auf der Wilhelmsburg" , weiter hinter den ersten Vormwalder Häusern entlang.

Die erste Bank ist meine, von hier aus kann ich nach Hadem rüberschauen, Hilchenbach ist hinter der Tannenschonung versteckt. Sieht auf dem Bild etwas dunkel aus, ich sitze im Schatten unter Bäumen, ausserdem klebt die kleine Wolke immer noch vor der Sonne.



Okay, einen Schluck Wasser und weiter geht es am Berg "Steimel" entlang. Der Weg ist angenehm zu gehen, und die Zivilisation ist hinter einigen Bäumen versteckt. Ich mag solche Wege.



Kurz darauf öffnet sich der Wald wieder, ich erhasche einen Blick auf die letzten Häuser von Vormwald. Vorbei geht es an Feldern und Wiesen, es duftet nach Landwirtschaft und Heu. Noch ein letzter Blick zurück Richtung Hilchenbach, dann heißt es erstmal: Tschüß, Zivilisation.




Am Ende des Feldweges beginnt der letzte Aufstieg auf den Rothaarkamm. Der Weg, der mich bis auf den Rothaarsteig führt, nennt sich "alte Erndtebrücker Landstraße". Beim näheren Betrachten des Bodens scheint es sich um eine spätmittelalterliche Kunststraße zu handeln, die frühere Verbindung zwischen Hilchenbach und Erndtebrück. Direkt daneben mache ich noch einen alten Hohlweg aus. Ich habe Spaß und grosses Interesse an den mittelalterlichen Relikten, die man hier in den Wäldern oft sehen kann.
Die Wolke vor der Sonne ist mittlerweile etwas grösser geworden, wodurch der Wald noch etwas dunkler wirkt. Ich sende eine kleine Bitte an die himmlische Wetterzentrale, erinnere an den Wetterbericht und mache mich an den Aufstieg, 
Der steinige Weg zieht sich stetig den Berg rauf und ich komme gut ins Schwitzen, Nach einiger Zeit lichtet sich der Wald zu  meiner linken kurz, und ich kann Helberhausen ausmachen.




Ein kurzer Blick nach rechts und ich sehe, der Kamm ist nicht mehr weit. Und richtig, der Weg wird ein wenig flacher, eine kleine Kurve und ich stehe auf dem Rothaarsteig. Geschafft, ich bin oben und stehe vor einem der vielen Wegweiser, die dem Wanderer die Ziele aufzeigen.




Meine geplante Rundtour führt mich nach links, so marschiere ich auf dem Schotterweg und erinnere mich an alte Zeiten.



Das war mal ein ganz normaler Wirtschaftsweg mit Grünstreifen in der Mitte, angenehm zu laufen. Dann kam Kyrill und hat unter anderem auch hier im Rothaargebirge ganze Wälder abgeholzt. Wie hat mir das Herz geblutet, als ich am Tag nach dem Orkan in den Regionalnachrichten die vielen Bäume sah, die dem Sturm zum Opfer gefallen waren.
Die Waldarbeiter leisteten Großartiges, um die Verwüstung zu beseitigen, aber ihre schweren Fahrzeuge hinterliessen tiefe Spuren auf den Waldwegen, die daraufhin geschottert wurden.
Schön sieht es nicht aus, ist aber leider nicht zu ändern.

Nach kurzer Zeit kommen mir zwei Wanderer entgegen, ein älteres Päärchen, das meinen Gruß freundlich lächelnd erwidert. Die beiden sind die einzigen Menschen, die mir den ganzen Weg begegnen.
Okay, später überholen mich noch 2 Forstfahrzeuge, aber die zähle ich jetzt mal nicht mit.

Bald schon erreiche ich den Rastplatz Ferndorfquelle und freue mich auf eine kurze Pause. Ich steige den kurzen Weg zur Quelle hinab, setze mich auf die kleine Bank und genehmige mir einen grossen Schluck Wasser, lecker.




Amüsiert stelle ich fest, daß sich das Wasser inzwischen einen neuen Weg gesucht hat, unter der Bank ist alles nass.
Der Ferndorfbach, der hier entspringt, hat sich gedacht: Ich komme dort aus dem Berg, wo ICH will, und hat sich eine neue Austrittstelle gesucht.


Richtig so, nur nicht einsperren lassen...

Erfrischt mache ich mich wieder auf den Weg. Inzwischen hat die himmlische Wetterzentrale auf mein Flehen reagiert und die dunkle Wolke beseitigt. Die Sonne strahlt von einem mit weissen Wölkchen befleckten Himmel und es wird noch wärmer. Herrlich, so liebe ich das.

Nach einem knappen Kilometer erreiche ich den Wanderparkplatz Oberndorfer Höhe, der direkt an der Grenze zwischen Sieger- und Sauerland liegt. Hier steht auch die Rothaarhütte, die jeden Sonntag von 10 - 18 Uhr geöffnet ist, und wo der Wanderer und Sonntagsausflügler kalte und warme Getränke bekommen kann.



Heute ist Mittwoch, die Hütte ist zu, keine Menschenseele weit und breit zu sehen, deswegen gehe ich zügig weiter. Langsam bekomme ich Hunger, und bis zu meinem Lieblingsplatz ist es nicht mehr weit. Ein kurzer Trampelpfad, ein paar hundert Meter auf dem Hilchenbacher Höhenring, und ich habe meinen Pausenplatz erreicht.



Ich liebe diesen Platz, von dem man eine wunderschöne Aussicht hat. Hier oben kann man sitzen, gucken, geniessen, nachdenken, träumen.
Wenn mir nach einer kurzen Auszeit ist, fahre ich mit dem Auto bis zum Wanderparkplatz, laufe die paar Meter und sitze hier eine Weile. Das tut so richtig gut.

Jetzt heißt es aber erstmal: Vesperzeit. Ich breite mein kariertes Küchentuch aus und richte mein kleines Picknick.



Ich will anmerken, daß ich beim Wandern nie in Gasthäuser am Weg einkehre. Einzige Ausnahme, ich habe meinen Getränkevorrat verbraucht und Durst. Dann gönne ich mir mal ein Wasser im Biergarten. Das ist aber erst einmal passiert.
Meistens laufe ich eh Strecken, an denen es keine Einkehrmöglichkeit gibt. Wegweiser gibt es schon, aber dafür müsste man ins Tal hinabsteigen.
Viel schöner ist es für mich, meinen Proviant im Rucksack zu tragen und dort zu pausieren, wo es mir gefällt und ich mich wohlfühle.


 
So kenne ich das noch von früher, als meine Eltern mit mir Wanderurlaub machten. Entweder kauften wir unseren Proviant vor Ort, oder aber unterwegs. Dann suchten wir uns eine schöne Bank oder eine Wiese ausserhalb und picknickten. Das sind herrliche Kindheitserinnerungen.

Wie gut doch so ein einfaches Mahl schmeckt, wenn man es in der freien Natur genießt.
Eine Banane macht den Abschluß, dann lehne ich mich zurück, strecke die Beine aus und fühle mich einfach nur sauwohl.
Ist das schön hier.



Ich entdecke den Platz, an dem ich meine erste kleine Pause machte, auf dem Bild etwa mittig oberhalb der kleineren Wiese. Na, da hab ich ja schon ganz schön was hinter mir.

Ich krame das Fernglas aus meinem Rucksack. Das habe ich vor kurzem als Schnäppchen in einem Discounter entdeckt und fand es ideal.
Wann habe ich die Welt das letzte Mal durch ein Fernglas betrachtet? Muß auch schon ewig her sein.
Es macht Spaß, die vertraute Umgebung aus nächster Nähe zu betrachten. Vieles hat sich auch verändert, die Dörfer werden etwas grösser, weil an den Ortsausgängen gebaut wird.

Ich könnte noch stundenlang hier sitzen, aber der Weg ruft. Ich packe meine Sachen zusammen und weiter gehts.

Nur wenige hundert Meter führen mich die Wanderzeichen nach links, runter vom Wirtschaftsweg. Ich freue mich, beginnt doch jetzt ein Abschnitt Wanderweg, so wie ich ihn aus meiner Kindheit kenne und der mir gut gefällt. Einspuriger Trampelpfad, das ist wunderschön.





Bald öffnet sich der Wald wieder, oder besser, ich erreiche einen Kyrill-Kahlschlag.
Ich erinnere mich noch, wie ich hier hergelaufen bin, kurz nach dem die Wanderwege wieder freigegeben waren.
Erschreckend, alles kahl, überall nur Baumstümpfe, der Weg unbegehbar, weil die Forstfahrzeuge tiefe Spuren hinterlassen haben, die mit Regenwasser gefüllt waren, das nicht abfliessen konnte.

Inzwischen wurde der Weg wieder aufgefüllt und die Natur hat sich gut erholt. Neues Leben, soweit das Auge reicht. Jede Menge Fingerhut, der in leuchtendem Rosa farbliche Akzente setzt.




Am "Grünen Platz" steht eine uralte Eiche. An sie kann ich mich auch gut erinnern, vor 30 Jahren hatten sie noch eine stolze Krone. Davon ist nicht mehr viel übrig. Aber der Nachfolger wächst und gedeiht.


Es geht noch einmal etwas bergauf, dann bin ich wieder auf dem Kamm und habe eine schöne Aussicht auf das Siegerland. Ein wenig diesig ist es schon, aber man kann doch weit genug schauen.



Das war der Höhepunkt meiner Wanderung, ab jetzt geht es wieder bergab, und das ganz schön steil.
Nach wenigen Metern komme ich an den Platz "Drei Buchen" und setze mich kurz auf die Bank.
Auch dieser Platz hat sich durch Kyrill sehr verändert.



Hier war einmal ein Nadelwald. Und mitten in diesem Nadelwald standen am Wegesrand 3 Buchen, die dem Platz seinen Namen gaben.
Kyrill hat nicht nur die Fichten umgeweht, sondern auch 2 Buchen. Eine hat dem Sturm getrotzt und steht nun einsam auf der freien Fläche.
Im Hintergrund ist übrigens schon das Sauerland zu sehen. Hier oben verläuft die Grenze zwischen den beiden Landkreisen.
Schaut man in die andere Richtung, ist der Hilchenbacher Windpark zu sehen.



Die Anlagen haben eine Gesamthöhe von 178 Metern und sind somit höher als der Kölner Dom (157 m). Wirkt gar nicht so, und ist auch schwer vorzustellen.

Ich mache mich wieder auf den Weg. Trotz aller Vorsicht setze ich mich auf dem steilsten Stück einmal unfreiwillig auf den Hintern. Der Weg ist mit lockeren Steinen übersät, da muß man wirklich aufpassen.
Nix passiert, ein kleiner Ausrutscher mit einem Zeitlupe-Plumps.

Ein paar Minuten später habe ich die Wahl: durch den Windpark oder oberhalb. Ich entscheide mich für oberhalb. Der Weg ist wieder angenehm zu gehen, und wenn man genau hinschaut, kann man die alte mittelalterliche Landwehr entdecken, die früher Sieger- und Sauerland trennte und auch heute noch die Grenze zwischen den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe markiert.



Ich bin immer wieder fasziniert davon. Da haben die Menschen vor 500 Jahren einen Wall aus Erde aufgehäuft, und der ist heute immer noch zu sehen. Zwar nicht mehr in voller Höhe und ohne Gebück/Gedörn, aber immer noch sichtbar.
Ich habe viel im Internet nachgelesen und und suche auf meinen Wandertouren gerne nach den alten Relikten. Das ist wirklich interessant, ab und zu findet man sogar noch alte Grenzsteine.

Der Weg oberhalb des Windparks ist wunderbar zu laufen und bietet die eine oder andere Aussicht auf Hilchenbach.





Bald schon erreiche ich die schmale Strasse, die Hichenbach und Heinsberg im Sauerland verbindet. Hier geht es für mich entgültig ins Tal. Auf Asphalt bergrunter ist nicht angenehm zu laufen, und nach kurzer Zeit spüre ich meine Beine, puh.



Ablenkung entdecke ich an der Böschung, dort leuchtet es rot. Es sind kleine reife Walderdbeeren.



Da die Strasse eher wenig befahren ist, stecke ich mir mit gutem Gewissen ein paar der kleinen Früchtchen in den Mund und schwelge wieder einmal in Kindheitserinnerungen.
Die lenken mich vom Ziehen in den Schienbeinen ab, bis ich das heimische Ortsschild passiere.

Kurz vor den ersten Häusern biege ich noch einmal scharf rechts auf einen Wirtschaftsweg ab, angenehmer zu laufen, und er führt mich fast bis nach Hause.



Ein Schwenker nach links auf einen kleinen Trampelpfad. Kaum zu glauben, aber es sind nur noch knappe 500 m bis zur Haustür...



Pünktlich um 15.30 Uhr bin ich nach 6 Stunden wieder daheim angelangt.



Rein in die Wohnung, raus aus den Schuhen. Meine Füsse haben die Tour schmerz- und blasenfrei überstanden.

Ich fühle mich richtig erholt unde freue mich schon auf die nächste Tour. Bei der himmschlischen Wetterzentrale habe ich bereits Sonnenschein bestellt. Ich hoffe, sie liefern bald....

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