Montag, 10. März 2014

Jung-Stilling Rundweg

Wanderung vom 09.03.2014


Ich sollte eigentlich schreiben "Winterwanderung", denn der Frühling beginnt auf dem Kalender erst übernächste Woche. Aber das nimmt mir keiner ab bei dem Wetterchen. Viel Sonne, es wird immer wärmer, und das so früh im März...

Als ich gegen 8 Uhr aus dem Fenster schaue, bekomme ich erst einmal Gänsehaut beim Anblick der zugefrorenen Autos. Ich Frostbeule will heute wirklich wandern? Der strahlend blaue wolkenlose Himmel und die Sonne sagen allerdings was anderes. Man wäre ja schön dumm, bei dem herrlichen Wetter in der Bude zu hocken. Ich beschließe, später loszuziehen und trödle noch ein wenig herum.

Ich habe mir für heute den Jung-Stilling Rundweg ausgesucht. Mit knapp über 9 Km eher ein Wegelchen, aber ich werde mit einem kleinen Schlenker über die Ginsberger Heide auf knappe 12 Km kommen.

Beim Packen des Rucksacks und dem Schlüpfen in die Wandersocken steigt dann die Vorfreude. Um 10.20 Uhr steige ich ins Auto. Das Thermometer zeigt knappe 7°C, es fühlt sich aber wärmer an. Als ich beim Bäcker halte, sind es schon 9°C, die Sonne gibt Vollgas.

Kurz nach halb elf parke ich in Grund beim Dorfgemeinschaftshaus. Das war früher mal eine Kapellenschule. Mittlerweile hat es 11°C, und die Sonne hat gut Kraft. Geht doch...


Dorfgemeinschaftshaus "Alte Kapellenschule"
 
 
Hier gibt es auch eine Wandertafel zum Weg und Flyer zum Mitnehmen. Der Wanderer erfährt so alles, was es zum berühmten, hier in Grund geborenen Prof.Dr.med.Dr.phil h.c.Johann-Heinrich Jung, genannt Jung-Stilling (1740-1817) zu wissen gibt. Ich nehme mir einen Flyer mit, auf dem auch der Weg eingezeichnet ist. Man weiß ja nie...


Wandertafel mit Flyern zum Mitnehmen

Na, denn man los. Vertieft in den Flyer latsche ich promt am Geburtsthaus von Jung-Stilling vorbei.


Links das Geburtshaus von Jung-Stilling, rechts das alte Spritzenhaus (erbaut 1927)

Das Ende des Dorfes ist schnell erreicht. Der Weg macht einen scharfen Knick nach rechts, nun geht es stetig, aber angenehm bergauf. Zuerst durch ein kleines Waldstück, dann oberhalb von echtem Siegerländer Hauberg. Der Weg ist ziemlich zerfahren, und so laufe ich mal am Rand, mal auf dem grasbewachsenen Mittelstreifen. Bald schon kann ich einen herrlichen Blick über Grund genießen.


Blick zur Ginsburg oberhalb von Grund

Bald darauf erreiche ich den oberen Weidekampen und habe freie Sicht über unser wunderschönes Siegerland. Ich bin hoch, aber noch nicht ganz oben.


Weiter Ausblick ins Siegerland


Schöne alte Eiche am Wegesrand
Nun geht es wieder durch Nadelwald. Durch die hohen Fichten kann ich die Häuser von Grund erkennen. Aus dem Tal tönen Motorengeräusche herauf. Sonntagsausflügler auf der K 31, die durch Grund führt.
Jetzt wird der Weg breiter, das finde ich nicht so toll. Auf einem Pfosten am Wegesrand lese ich etwas von Ferngas. Aha, die haben hier wohl Gasleitungen verlegt, daher der überbreite Wirtschaftsweg. Naja, ist ja nicht mehr weit bis zur Kronprinzeneiche.
Die erreiche ich wenige Minuten später. Hier oben dröhnt der Sonntagsverkehr, es sind schon jede Menge Motorräder unterwegs. Hier mündet die von Hilchenbach kommende B508 in die B62.

Die Kronprinzeneiche wurde im am 16ten Oktober 1833 vom damaligen Prinzen und späterem König Friedrich Wilhelm IV gepflanzt. Der war nämlich unterwegs vom Bad Berleburg, wo er das Schloss besucht hat, Richtung Siegerland zur damals berühmten Grube Stahlberg. Seinerzeit verkörperte die Eiche das Sinnbild für Kraft und Beständigkeit.

Ich muss ein wenig grinsen, denn hier oben gibt es drei unter Naturschutz stehende Eichen. Welches ist denn nun die vom Friedrich? Eine Bank läd zum Verweilen ein, aber mir ist hier zu viel los. Schnell über die Straße, und dann wird es wieder besser.


Nicht so schöner Weg Richtung Kronprinzeneiche
Treppchen für die Wanderer an der Kronprinzeneiche, im Hintergrund die B 508


Hier mündet die B 508 in die B 62

Habe ich schon erwähnt, dass ich mich für mittelalterliche Hohlwege, Landwehren, etc interessiere?
Auf einem solchen alten Weg geht es Richtung Ginsberger Heide. Es läuft sich herrlich auf dem weichen Laub durch Buchenwald. Ein schöner Hohlweg, ich bin begeistert. Nach einer matschigen Stelle läuft man am Rande des Weges und kann sehen, wie tief ihn die Fuhrleute damals in die Landschaft gefahren haben.


Mittelalterlicher Hohlweg von der Kronprinzeneiche zur Ginsberger Heide
 
Von den Fuhrleuten tief in die Landschaft eingefahren

Nach einem kurzen Stück durch Nadelwald bin ich ganz oben und erreiche die Ginsberger Heide. Hier bekomme ich volle Breitseite Zivilisation. Die Parkplätze sind voll, jede Menge Spaziergänger, Wanderer und Mountainbiker sind hier unterwegs. Alle nutzen den herrlichen Frühlingstag.


Viel Betrieb auf der Ginsberger Heide

Ich überlege kurz, einen Abstecher zur Ginsburg zu machen, entscheide mich aber dagegen. Bistimmt rappelvoll dort. Ich will schnell weiter, weg von dem ganzen Trubel.

Hier verlasse ich den Jung-Stilling Rundweg und werde nun einen knappen Kilometer auf dem Rothaarsteig laufen.
Das Restaurant ist sehr gut besucht, es weht ein Geruch nach Pommes durch die Frühlingsluft. Bloß schnell weg.
Außerdem lockt mich ein weiteres historisches Highlight. Am Rande der Ginsberger Heide gibt es eine alte Schanze. Nicht die Sprungschanze, hihi. Nein, eine alte Wegezollstelle, die heute noch gut zu erkennen ist. Ich brauche auch gar nicht lange suchen, habe ich sie daheim doch schon auf Google Earth ausgemacht.
Hier müssen sich damals zwei alte Handelsstraßen gekreuzt haben. Es wurde Wegezoll erhoben. Ich habe gelesen, dass pro passierendes Stück Vieh 2 Pfennig bezahlt werden musste. Das Geld wurde für den Erhalt der Straßen genutzt. Bis in die 1870er Jahre war das so.


Alte Zollstelle am Rande der Ginsburger Heide

Auf dem stark frequentierten Rothaarsteig laufe ich noch knapp 500 m bergab zur nächsten Wegekreuzung. Hier biege ich links ab auf den Hilchenbacher Höhenring. Auf diesem Weg werde ich genau 1,4 Km wandern, bis ich wieder auf den Jung-Stilling Weg treffe.

Der Weg ist anstrengend zu laufen. Sein Name ist Kolberholzweg. Und was einen Namen hat, muss auch was sein. Ich erkenne alte Straßenpflasterung. Das muss also eine spätmittelalterliche Kunststraße sein. Irgendwann hat man angefangen, sie zu bauen. Für die Fuhrwerke war es besser. Sie konnten auf der Pflasterung gut fahren, ohne dass sich die Räder der Karren in den Waldboden gruben.
Meine Füße und Knöchel sind nicht so begeistert von der Buckelpiste, und so bin ich froh, als der Weg endlich ein Ende hat.

Altes Straßenpflaster auf dem Kolberholzweg


Nicht so gut für Knöchel und Füße
 


Der Weg endet am Wanderparkplatz an der B 508, die ich wieder überquere. Hier treffe ich auch wieder auf den Jung-Stilling Rundweg.

Ich passiere den alten Vormwalder Bahnhof, an dem es sei einiger Zeit eine Event-Scheune samt Biergarten gibt. Man kann, wie der Name schon sagt, an diversen Events teilnehmen (Anmeldung erwünscht) oder aber auch die Scheune mieten, um Geburtstage, Hochzeiten etc zu feiern. Am Wochenende ist dann auch für Ausflügler geöffnet.

http://www.zollposten.de/

Der Anblick des alten Bahnhofgebäudes weckt Erinnerungen. Früher gab es auch hier einen Biergarten. Auf Wanderungen mit meinen Eltern haben wir hier oft Rast gemacht. Davon ist heute leider nichts mehr zu sehen.
 
 
Alter Bahnhof und Event-Scheue mit Biergarten



Der Name Zollposten stammt aus dem Mittelalter, damals gab es hier eine Zollstelle.


Rest der alten Zollstelle? Wer weiß...



Ab hier wird der Weg wieder richtig schön. Es geht in den Wald, und ich laufe auf weichen Tannennadeln, herrlich. So muss ein Wanderweg sein.

Wunderschöner Weg Richtung Kromberg (523 m)


Hier verläuft auch die Trasse der Rothaarbahn, die ich einmal überquere, um dann das letzte Stück bergauf zu laufen.
Es ist nur das Zwitschern der Vögel und das leise Rauschen der Bäume zu hören, ich genieße es.

Ist das nicht ein wunderbarer Weg? Ich liebe es.


Bald darauf verlasse ich den Wald und treffe auf einen Abzweig. Mein Wanderzeichen führt mich durch echten Siegerländer Hauberg bergab. Im Sommer, wenn alles grün ist, ist es sicher schöner. Aber man hat im Frühjahr auch mehr Aussicht. Hat alles seine Vor- und Nachteile.

Durch den kahlen Hauberg ist die Straße nach Hilchenbach zu sehen

Im Sommer ist es hier grüner und schöner


So langsam könnte mal eine Bank auftauchen, es wird Zeit für eine längere Rast, ich verspüre Hunger.
Zuerst führt mich der Weg aber an frisch gepflügten Feldern entlang.
Dann entdecke ich die gewünschte Bank, toll gelegen am Waldrand mit Ausblick ins Insbachtal.
Ich lasse mich nieder und richte mein kleines Picknick. Wir gut doch Mettwürstchen und Körnerbrötchen an der frischen Luft schmecken. Dazu gibt es Kakao, der ist noch schön kühl.
Hach, geht´s mir gut heute.

Mein Rastplatz am Waldrand....

...mit Blick auf den vor gut 3 Stunden gegangenen Weg auf dem Kam des "Hitzigen Steines"

Frisch gestärkt kann ich den Rest des Weges angehen. Jetzt ist es nicht mehr allzu weit.
Im Tal angekommen wartet auf die Wanderer eine Erfrischung: ein Wassertretbecken mit frischem Wasser, welches durch eine Quelle gespeist wird. Im Sommer sicher eine Wohltat.

Wassertretbecken im schönen Insbachtal

Auf einem geteerten Weg laufe ich weiter Richtung Grund, die ersten Häuser sind bald zu sehen. Hier treffe ich auch wieder auf Spaziergänger und Radfahrer.
Einmal zweigt der Weg noch ab und führt mich ein kurzes steiles Stück auf einen grasbewachsenen Wirtschaftsweg. Es geht ein par hundert Meter durch den Wald. Und schließlich habe ich eine wunderbare Aussicht auf Grund im Sonnenschein.

Grund mit Hauberg, dort bin ich kurz nach dem Start entlang gelaufen

Die letzten Meter auf Asphalt vorbei am Friedhof


Kurz darauf bin ich wieder im Dorf und überquere die Hauptstraße. Nun ist es nicht mehr weit bis zum Startpunkt. Grund ist ein wunderschönes kleines Dorf mit viel Landwirtschaft. Man hört Pferde wiehern, man riecht Bauernhof, mir gefällt es sehr gut.
Auf einer Wiese entdecke ich noch unheimlich niedliche Hühner, die haben sogar Federn an den Beinen. Ich bleibe kurz stehen. Der Hahn kommt zutraulich näher und lässt sich fotografieren, ein wunderschönes Tier.

Das Ziel ist nah, ich sehe schon die alte Kapellenschule


Hübscher Hahn in einem Garten im Dorf


Auch seine Frau kommt näher und bringt ihre Freundin mit

 
Nach gut 4 Stunden erreiche ich wieder den Parkplatz am Dorfgemeinschaftshaus. Eine rundum schöne Wanderung geht zu Ende.


Nach gut 4 Stunden bin ich wieder am Startpunkt an der alten Kapellenschule


 




Fazit: Ein herrlicher Weg mit vielen Aussichten, der im Sommer sicher noch schöner ist. Durch die K 31, die B 508 und die B 62, die mal mehr oder weniger in der Nähe sind, hört man immer mal wieder den Verkehr. Aber die Landschaft mit ihren Ausblicken macht das wieder wett.
Die Wegbeschaffenheit wechselt zwischen gut und schlecht. Breite Wirtschaftswege, teilweise geteerte Wege zum Ende, aber auch schöne Waldpassagen auf weichem Boden. Besonders erwähnt sei der alte Hohlweg zwischen Kronprinzeneiche und Ginsberger Heide, dort ist Wandern ein richtiger Genuss.

Die Wegbeschreibung gibt es hier:

http://www.outdooractive.com/de/wanderung/siegerland-wittgenstein/jung-stilling-rundweg/100444805/