Montag, 28. September 2015

Dreiherrenstein und Schwarzbachtal

Wanderung vom 30.08.2015


Seit Tagen habe ich mich auf diesen Sonntag gefreut. Es soll noch einmal richtig warm werden. Ich liebe ja so ein Wetterchen zum wandern.
Deswegen bin ich auch schon seit 6 Uhr wach, wusele durch die Wohnung und packe meinen Rucksack. Die Wanderkarte Wittgenstein muss auf jeden Fall mit, denn es geht auf eine selbstgebastelte Runde, inspiriert von einer Seite mit Tourentipps.

Start ist in Röspe, einer kleinen Siedlung in unserer Nachbargemeinde Erndtebrück und in der Nähe der Grenze zum Sauerland.

Um viertel vor neun fahre ich auf den Wanderparkplatz Röspe. Das Thermometer zeigt 13 Grad im Schatten an, ganz schön frisch. Naja, ich werde mich schon warmlaufen...

Start am Wanderparkplatz Röspe

Punkt 9 Uhr marschiere ich los. Über den Zinsebach und dann rechts ab, Richtung Schießplatz. Dort scheinen heute die Jäger zu trainieren, denn immer wieder hallen Schüsse durch den Wald.


Der Zinsebach

Die ersten Meter noch im Schatten

Hin und wieder erhasche ich mal einen Blick auf den Bach oder die kleinen Teiche am Wegesrand. In der Röspe ist es sehr wasserreich.


Zinsebach

Zwei Autos kommen langsam an mir vorbeigetuckert, weitere Jäger auf dem Weg zum Sonntagsvergnügen.

Durch die Bäume schimmert nach einer Weile das erste Highlight des Tages, der große Rösper Weiher. Hier wechselt mein Weg auf die Sonnenseite, und der Anstieg auf den Rothaarkamm beginnt.

Am Weiher ist es wunderschön, es gibt viele Sitzgelegenheiten. Es ist ein privater Angelweiher, daher auf die vielen Bänke. Jede Menge Enten schnattern fröhlich und genießen das kühle Nass.

Für eine Rast ist es noch zu früh, deswegen schlendere ich langsam am Ufer entlang.


Der große Rösper Weiher

Die Enten machen ordentlich Spektakel

Am Ende des Weihers beginnt der Weg leicht anzusteigen, und das Gelände des Schießstandes beginnt. Ein Zaun und ein Warnschild, betreten verboten, Lebensgefahr. Na, hoffentlich gibt es keine Querschläger. Bald kann ich durch die Bäume auch die Lichtung erkennen. Obwohl ich weiß, das heute dort geschossen wird, zucke ich bei jedem Knall zusammen.


Blick zum Rösper Schießstand

Der Weg verläuft auf die nächsten Meter recht unspektakulär. Der hohe Nadelwald wechselt in einen niedrigen Buchenwald. Rechts Buchen, links Buchen, die einzige freie Sicht ist nach oben in den wolkenlosen blauen Himmel. Interessant ist, dass man nichts hört. Es geht kein Lüftchen, dass das Laub zum raschen bringt, und die Tiere sind alle vor der Ballerei geflohen. Als hätte jemand den Ton abgedreht. Noch nicht einmal ein Flugzeug brummt über den Himmel. Das ist ein eigenartiges Gefühl.

Fast übersehe ich das ausgeblichene Wanderzeichen am Baum, welches nach links zeigt. Es geht vom Wirtschaftsweg auf einen kaum sichtbaren Trampelpfad. Der Übergang zum Kirchhundemer Rundweg, dem ich bis zum Rothaarkamm folgen werde.

Hier macht das wandern richtig Spaß, ich bin begeistert. Der Weg ist manchmal kaum zu erkennen, das gibt mir das Gefühl, querfeldein durch den Wald zu laufen. Der Boden ist übersät von Spinnenweben, das sieht klasse aus.


Spinnennetze im Morgentau

Nach der Unterführung rechts abbiegen...

Kaum sichtbarer Trampelpfad

Es ist ein richtiges Vergnügen, hier zu laufen, auch wenn Schuhe und Hose ziemlich feucht werden durch den Morgentau. Mittlerweile sind die Schüsse der Jäger kaum noch zu hören, die Vögelchen zwitschern wieder. Genusswandern pur.

Nach einer Weile führt der Weg über eine Kyrillfläche, und es gibt zum ersten Mal ein wenig Aussicht. Herrlich, einfach nur herrlich.


Kaum sichtbar, aber der Weg ist da


Sunny Day

Wieder im Wald, mündet der Trampelpfad in einen lang nicht mehr benutzten Forstweg. Ich freue mich über die kleine Bank und eine kurze Pause.

Hinter der Bank ist ein kleiner, fast runder Erdwall. Könnte eine ehemalige Zollstelle sein, hier oben ist ja Grenzgebiet. Ich lasse meinen Blick schweifen und entdecke auch prompt einen Grenzstein. Ruck zuck Pause beendet, den will ich mir mal näher ansehen.


Die zierliche Bank vor dem kleinen Erdwall


Nasse Schuhe und Hose dank tiefem Gras...


Fast in der Bildmitte - der Grenzstein

Begeistert stehe ich vor dem mittelalterlichen Objekt. Auf der Vorderseite ist WB zu erkennen, auf der Rückseite WW.

Die "Wittis" hatten einst eine innerwittgensteiner Grenze, es bestand aus zwei Grafschaften. Wittgenstein-Wittgenstein und Wittgenstein-Berleburg. Und an genau dieser ehemaligen Grenze führt der Wanderweg nun entlang.


Grafschaft Wittgenstein-Berleburg

Im weiteren Wegeverlauf folgen noch mehrere Grenzsteine, und bald lassen sich auch Reste einer Landwehr erkennen. Das ist wieder ganz nach meinem Geschmack.


Reste einer Landwehr - gut zu erkennen


Noch ein Stein, diesmal mit Jahreszahl

Der Weg macht eine kleine Kurve, dann geht es wieder durch tiefes Gras bergauf. War wohl nix mit trockener Hose. Es ist auch leicht sumpfig, ab und zu schmatzt es unter den Schuhen, und so manches Mal hüpfe ich von rechts nach links.

An der nächsten Bank studiere ich kurz die Karte, der Dreiherrenstein kann ja nun nicht mehr weit sein. Richtig, es sind nur noch wenige hundert Meter, dann bin ich wieder auf dem geschichtsträchtigen Platz.


Aufstieg auf sumpfigen Gelande


Wieder am vertrauten Platz

Ich setze mich auf "meine Bank" und schaue die Wurzelallee entlang. Ob heute wohl mehr Betrieb auf dem beliebten Fernwanderweg ist? Immerhin ist heute bestes Wanderwetter. Aber nichts, die ganze Viertelstunde meines Verweilens kommt niemand vorbei. Ist richtig ungewohnt.




Ich mache mich wieder auf den Weg, ab durch duftenden Nadelwald. Als ich auf einer Freifläche Bilder mache, rauschen in kurzen Abständen Mountainbiker an mir vorbei - willkommen auf dem Rothaarsteig.


Blick ins Wittgensteiner Land....


...und ins Sauerland

Nun beginnt das Naturschutzgebiet Heinsberger Hochheide. Über eine schmale Teerstraße geht es Richtung Wanderparkplatz. Die Landschaft rechts und links des Weges ist schön anzusehen.


Heinsberger Hochheide


Heinsberger Hochheide

Am Wanderparkplatz verlässt der Rothaarsteig den Teerweg, es geht nun bergab durch schönen Nadelwald. Auf der rechten Seite plätschert ein Bächlein ebenfalls ins Tal.


Unsichtbar plätschert der Bach neben dem Weg

Der Weg wird nach und nach schmaler. Mir gefällt´s, auch wenn ich mich kurz in die Büsche drücken muss, um zwei Radlern Platz zu machen, die mir fröhlich grüßend entgegen kommen.
Bald ist das Schwarzbachtal erreicht. Ich nehme das Versprechen an meinen mittlerweile knurrenden Magen, die erste Bank im Tal wäre meine, zurück, denn sie steht in der prallen Sonne und ist zudem besetzt. Wir werden schon ein schönes Plätzchen finden. Zuerst genieße ich dieses wunderschöne Tal.


Der Weg wird immer schmaler


Das Schwarzbachtal ist erreicht


Eine von vielen Furten im Tal
Hinter der Brücke über den Schwarzbach biege ich nach rechts ab, der Rothaarsteig geht nach links.
Das Durchschreiten dieses Tales ist Genusswandern pur. An einigen Stellen kreuzen kleine Bäche den Weg, die in den Schwarzbach münden. Diese Furten gefallen mir sehr, da der Wanderer über große Steine steigen muss. Ich bin begeistert.


Der Schwarzbach


Furt mit klarem Wasser


Immer schön auf die Steine treten

Hiner der letzten Furt schaue ich zufällig nach rechts und entdecke das Hofkreuz. Beinahe hätte ich ihn übersehen, diesen historischen Ort. Die Bank unter einem Baum wirkt einladend. Das ist er, mein Platz für die Mittagsrast.
Über diesen besonderen Ort brauche ich auch gar nichts schreiben, denn eine Gedenktafel erklärt alles....


Hofkreuz Haus Schwarz





Ein schöner Platz für meine Mittagsrast


Eine gute halbe Stunde bleibe ich hier sitzen und genieße mein Picknick. Im Hintergrund gurgelt das Bächlein, die Vögel zwitschern, hier lässt es sich aushalten.

Dann geht es weiter durch das schöne Tal, mal in der Sonne, mal im Schatten.



Schattiger Abschnitt


Ein Blick zurück

Der Weg mündet in eine schmale Teerstraße und führt über eine kleine Brücke. Hier bin ich vor vier Jahren schon einmal vorbei gekommen und hätte es nicht wieder erkannt. Na klar, die Natur verändert sich im Laufe der Jahre.

Mooooooment mal, da war doch noch etwas. Genau, der Hufeisenstein. Damals konnte ich damit nichts anfangen und stand etwas verwirrt vor dem Hinweispfosten. Daheim habe ich das Internet durchforstet. Der Hufeisenstein wird in vielen Wegbeschreibungen erwähnt, aber was es damit auf sich hat - Fehlanzeige.
Fündig wurde ich dann doch noch, es gab zwar keine Bilder, aber eine Beschreibung.

Und jetzt bin ich wieder hier. Ein kleines Stück muss ich den Weg Richtung Haberg entlang, den ich vor vier Jahren herunter gekommen bin. Am Hinweispfosten geht es auf einem Trampelpfad zum kleinen Dörnbach. Diesen gilt es zu überqueren. Okay, Anlauf nehmen und rüberhüppen wäre möglich. Da aber der Uferbereich ziemlich morastig ist, könnte es auf dem Hintern enden.


Da will ich hin

Mit meinen Wanderstöcken taste ich einige größere Steine ab und balanciere vorsichtig durch den Bach. 
Geschafft, ich bin drüben und stehe direkt auf dem Hufeisenstein. Es ist ein großer Findling, der schon über 600 Jahre hier liegt. Naja, nicht ganz. Als die Bahnlinie Altenhundem -  Birkelbach gebaut wurde, lag er den Gleisbauern im Weg und wurde ca 200 m versetzt.

Den namensgebenden Abdruck eines Hufeisens erkennt man erst auf den zweiten Blick.


Aus der Nähe noch nicht so gut zu erkennen


Siehst Du den Abdruck des Hufeisens?

Das ist er also, der sagenumwobene Hufeisenstein. Dieser war schon im 14ten Jahrhundert als Rüsper Stein ein wichtiger Grenzpunkt zwischen der Grafschaft Wittgenstein und Kurköln.

"Der reiche Graf von Wittgenstein schaute neidisch auf den Wild- und Waldreichtum jenseits des Steines. Nie würde der Bischof von Köln mit sich handeln lassen, darum ersann der Graf eine List.

Bei einer Begegnung mit dem Heinsberger Dorfschulzen am Stein verkündete der Graf nichts anderes als ein Gottesurteil. Sollte er beim Sprung mit seinem Pferd auf den Stein einen Hufeisenabdruck hinterlassen, wäre das doch der Beweis für den rechtmäßigen Anspruch auf das Gebiet im Rüsper Wald.

Am frühen Morgen des großen Tages erschien der Graf mit seinem Gefolge am Stein, der von seinen Getreuen belagert wurde. Die Heinsberger schauten sich das Ganze recht gelassen an.

Dann ging es los. Der Graf ritt an, und auf dem Stein setzten Pferd und Reiter zum Sprung über den Bach an, welcher auch gelang.

Voller Triumph bat der Graf nun zur Besichtigung. Alle kamen heran und sahen das, was wir heute auch noch sehen können. Der Stein hatte eine deutliche Vertiefung in Form eines Hufeisens. Die Heinsberger waren schwer beeindruckt. 

Während alles noch eifrig diskutierten, trat der alte Heinsberger Gemeindehirte zu ihnen und erzählte, dass er in der Nacht, beim Hüten seiner Schafe, Handlanger des Grafen gesehen hatte, die sich mit Hammer und Meißel an Stein zu schaffen machten.

Na, das war eine Blamage. Der Graf verließ stinksauer mit seinem Gefolge den Stein, und die Heinsberger begossen in den umliegenden Kneipen das große Gottesurteil."

Eine schöne Geschichte, nicht wahr? 

Wie der Hufeisenabdruck wirklich auf den Stein gekommen ist, weiß niemand.

Ich eiere wieder durch den Bach zurück und mache mich auf den Rest des Weges. Die Gegend um Röspe ist sehr wasserreich, immer wieder gibt es kleine Bäche und Weiher zu sehen.


Einer der vielen Weiher bei Röspe

Schließlich erreiche ich die Landstraße, die an Röspe vorbei führt. Schnell rüber, es herrscht ordentlicher Sonntagsverkehr.

Ich freue mich, dass ich jetzt entlang der alten Bahntrasse laufen kann. Relikte aus der Vergangenheit in der Natur sind ja meine große Leidenschaft. Ob Hohlwege und Grenzsteine oder eine ehemalige Bahnlinie, ich finde es total spannend.

Es dauert gar nicht lange, und ich komme an den Rösper Bahnhof. Das Original wurde Ostermontag 1945 zusammen mit einigen Brücken gesprengt, um den Alliierten den Einmarsch zu erschweren.
Mittlerweile wurde hier ein schöner Fest- und Rastplatz errichtet, mit Grill, Hütte und einem Eisenbahnwaggon auf Schienen.


Der Rösper Bahnhof...


...mit Eisenbahnwaggon

Zugang zum Fest- und Rastplatz

Kurz vor der Landstraße steht dieses Signal

Bald darauf laufe ich durch die kleine Siedlung Röspe. Links die Häuser, rechts die alte Bahntrasse, allerdings heute nicht mehr als solche zu erkennen. Schön haben es die Leute hier.


Röspe
Am Ende der Straße gibt es aber doch noch eine sichtbare Erinnerung an die ehemalige Bahnlinie. 
Ein alter Wegedurchlass, früher fuhr die Bahn darüber, heute wachsen Bäume und Sträucher darauf. Ich finde es klasse.


Durchlass von hinten....


...von vorne...


...und aus der Nähe

Der Weg führt ein kleines Stück auf der alten Trasse entlang und endet schließlich wieder an der Landstraße. Von einer Brücke aus hat man einen wunderbaren Blick ins Edertal. Hier verlief damals der mächtige Bahndamm. Auf Google Earth oder Maps ist der Verlauf noch sehr gut zu erkennen.


Ein kleines Stück Weg auf der alten Bahnlinie

Das schöne Edertal

Einige wenige Meter muss ich an der Landstraße Richtung Erndtebrück entlang laufen, bis ich wieder auf den Weg zum Wanderparkplatz Röspe komme.

Nach gut 6 Stunden bin ich wieder bei meinem Auto.



Heute morgen bin ich nach links gestartet

Wieder am Ausgangspunkt angekommem


Fazit: Das war eine richtig schöne Wandertour mit vielen persönlichen Highlights. Aber auch wer nicht auf Grenzsteine und ehemalige Bahnlinien steht, kann die herrliche Natur geniessen.