Montag, 29. Juli 2013

Wittgensteiner Mäanderweg

Wanderung vom 21.07.2013


Endlich Sommer, Sonne, Hitze. Das schreit ja gerade nach einem Tag in der Natur. Heute sollen es über 30°C werden, so bin ich schon früh auf und schaue mir die Strecke noch einmal im Internet an.
Der Wittgensteiner Mäanderweg hat sich ganz nach oben auf meine Wander-Wunschliste gemogelt. Er führt von Erndtebrück immer an dem Benfe-Bach bis ins gleichnamige Dorf Benfe. Anfangs als einfache Streckenwanderung geplant, kann man ihn seit einigen Jahren auch als etwas über 23 Km langen Rundweg laufen. Von Benfe über die Lahnhöhen zurück nach Erndtebrück.

Schnell ist der Rucksack gepackt, kurze Zeit später sitze ich schon im Auto. Kurzer Zwischenstop beim Bäcker, um meinen Proviant zu ergänzen, dann fahre ich ins 16 Km entfernte Erndtebrück.

Da ich nicht gerne durch Wohngebiet laufe, fahre ich direkt an den Ortsausgang und parke am Rande eines Firmengeländes, unweit dem offiziellen Eingangsportals des Mäanderweges.

Rucksack aufgepackt, meinen neuen Strohhut auf den Kopf gesetzt, die Trekkingstöcke geschnappt - es kann losgehen. Ich freu mich wie Bolle, als ich den ersten Blick ins Benfetal erhasche.



Über eine kleine Brücke überquere ich die Benfe und stehe kurze Zeit später vor dem Wegweiser.

 
 
Na, denn man los. Ein wenig schwer tu ich mich am Anfang schon, bin ich es doch nicht gewohnt, immer eine Straße in Sicht- und Hörweite zu haben. Bei diesem Bombenwetter sind doch einige Sonntagsausflügler unterwegs. Den Weg habe ich allerdings für mich allein.
Ein letzter Blick Richtung Erndtebrück, das so langsam hinter Bäumen verschwindet.



Auf einer Wanderkarte kann ich mir den Weg ansehen, den ich vor mir habe. Sie scheint schon älter zu sein, denn es ist nur die einfache Streckenwanderung eingezeichnet.
Für mich heißt es, bei Benfe nach links über den Berg und dann oberhalb der Dörfer Rückershausen und Oberndorf zurück nach Erndtebrück zurück. Das ist dann etwas mehr als die doppelte Strecke. Ich bin gespannt...



Die Strecke führt über einen Wirtschaftsweg, ist aber angenehm zu laufen. Auf der linken Seite Wald, rechts immer der schöne Ausblick ins Benfetal.



Bald darauf erreiche ich die erste Attraktion am Weg, eine Aussichtsplattform, von der man einen guten Blick auf die mäandrierende Benfe hat. Ein wenig irritiert bin ich im ersten Moment schon, sah es doch auf Bildern im Internet ein wenig anders aus. Die Plattfrom steht nicht mitten auf einer Wiese, sondern direkt am Wegesrand.
Okay, es gibt im Internet viele Werbeschreibungen, alte und neue. Ich habe ALLE gelesen *grins*
 
 
 

Ein paar Eindrücke vom Ausblick der Plattform.



Ich mache mich wieder auf den Weg, der sich in saften Bögen durch das Tal zieht. Bald darauf fließt die Benfe auch mal dicht am Weg. Es ist einfach herrlich zu laufen. Die Vögel zwitschern, der Bach gurgelt, so kann ich die Natur richtig genießen.


Schließlich taucht ein Brunnen am Wegesrand auf. Hier kann man sich ausruhen und erfrischen. Eine Pause brauche ich noch nicht, mache nur einen kurzen Fotostop.



Ein kurzes Stück hinter dem Brunnen gibt es einen Weg, der Richtung Straße fürht. Von hier hat man eine gute Sicht auf den Bach.


Ich marschiere fröhlich weiter. Da es kaum merklich bergauf geht, habe ich ein gutes und angenehmes Wandertempo.
Bald darauf entfernt sich der Weg kurzzeitig vom Bach und führt ein kleines Stück durch einen Wald. Abwechslung ist angesagt.


So langsam könnte mal eine Bank auftauchen. Ein kleines Päuschen wäre nicht schlecht. Der Weg führt wieder runter ins Bachtal, und bald wird mein Wunsch erfüllt -  eine Bank im Schatten. Ich bin erstaunt, dass ich in einiger Entfernung den Sportplatz von Benfe sehe. Da war ich ja wirklich flott unterwegs. Auf die Uhr habe ich nocht nicht gesehen, an Wandertagen spielt Zeit bei mir keine Rolle.

Ich mache mich wieder auf den Weg und erreiche bald darauf den Wanderparkplatz "Steinbruch" mit Hütte und Grill. Ein schöner Ort, um sich einen netten Tag in der Natur zu machen. Heute ist hier keine Menschenseele. Ein einsames Auto steht hier, der Besitzer scheint auch irgendwo durch den Wald zu spazieren.


Der Weg führt mich immer weiter an der Benfe entlang mit Blicken auf das gleichnamige Dorf. Die Leute wohnen hier wirklich traumhaft mit viel Natur umzu.



Bald darauf zeigt ein Pfeil unter dem Wanderzeichen nach links auf einen Trampelpfad den Berg hoch. Im ersten Moment bin ich erstaunt, Benfe zu verlassen. Dann fällt mir wieder ein, dass es ja noch die einfache Streckenbeschreibung im Internet gibt, wonach der Weg in Benfe entdet und man mit dem Bus zurück an den Ausgangspunkt fahren kann.

Ich gehe ja den kompletten Rundweg, also verlasse ich Benfe bergauf. Gleich im Wald entdecke ich ein uriges Baumhäuschen mit Zaun und Stehtisch. Da hat sich aber jemand Mühe gegeben.



Witzig ist, dass an der Tür ein Schloss hängt, die Fenster aber geöffnet sind. Mich würde ja interessieren, wie es in der Hütte aussieht, allerdings wirkt die Treppe nicht sonderlich stabil und sicher. Ein bisschen unheimlich ist es auch, diese Stille, obwohl das Dorf so nah ist. Lieber gehe ich weiter.
Der Weg führt als Trampelpfad  bergauf, solche Weg liebe ich. Und dieser würzige Waldduft, es ist einfach herrlich.


Oben angelangt, führt ein breiter Wirtschaftsweg über den "Benfer Rücken". Von Benfe ist nichts zu sehen, in die andere Richtung hat man wegen eines Kyrill-Kahlschlages eine tolle Aussicht ins Wittgensteiner Land.







Kurz darauf beginnt wieder der Wald und wenige Minuten stehe ich an einer gut beschilderten Wanderweg-Kreuzung mit kleiner Hütte und Bank. Hier führt der Rothaarsteig vorbei. Ich lasse mich auf die Bank plumpsen und hole meine Wasserflasche aus dem Rucksack. Schon begegnen mir die ersten Menschen seit Beginn meiner Tour, ein Paar Mountainbiker. Ein kurzer Gruß, dann besprechen sie lautstark, wohin sie fahren und schon sind sie wieder weg. Nur Sekunden später kommen die nächsten beiden angeradelt, kurz darauf folgt noch ein Damen-Trio, das aufmerksam die Wegweiser liest. Obwohl der Rothaarsteig ein Wanderweg ist, begegne ich auf meinen Touren manchmal mehr Mountainbikern als Wanderern.


 Auch ich schultere meinen Rucksack und mache mich wieder auf den Weg. Nun geht es erst noch durch den Wald, dann über eine recht freie Fläche bergab zur L 719 von Volkholz nach Großenbach, der man ein kurzes Stück folgen soll.


Der Weg führt in einigem Abstand zur Straße und lässt sich gut laufen.
Auf einmal gabelt sich der Weg, und ich sehe kein Wanderzeichen. Muss ich nur bergauf oder weiter an der Straße entlang? Wie kurz ist das kurze Stück, das man entlang der Straße gehen soll?
Ich entscheide mich erst mal für bergauf. Der Weg sieht "benutzter" aus, und im Notfall komme ich auf der anderen Seite wieder ins Benfetal. Ich entdecke einen Hochsitz und beschließe, bis dorthin zu gehen um nachzusehen, ob vielleicht ein Wanderzeichen darauf gepinselt ist. Ist es nicht, also muss ich wieder runter. Auf einmal bewegt sich etwas ein Stück unter mir, und ich entdecke ein Reh, welches sich das frische Grün schmecken lässt. So leise wie möglich hole ich meine Kamera aus der Westentasche und zoome etwas heran. Das Tier hat mich noch nicht bemerkt.

 


Erst als ich mich wieder in Bewegung setze, sieht es mich und springt - doing - doing - doing - durch das tiefe Gras fort.
Ich gehe wieder zur Weggabelung und setze meinen Weg oberhalb der Straße fort. Ein Wirtschaftsweg, mit hohem Gras bewuchert. Nach einigen Metern entdecke ich mein Wanderzeichen an einem Baum. Trotzdem habe ich das Gefühl, der Weg wird nicht oft begangen. Ist überhaupt schon außer denen, die die Wanderzeichen pinseln, jemand hier lang gegangen - vor mir?

Kurz darauf stehe ich wieder direkt an der Straße und weiß nicht weiter. Die Pfeile unter dem Wanderzeichen helfen mir nicht unbedingt weiter. Einer zeigt in die Richtung, aus der ich gerade gekommen bin, und der andere... hmmm, kann ich nicht so richtig erkennen. Bestimmt nicht direkt an der Straße entlang.

Mich zieht es auf einen Weg links den Berg hoch, irgendwo werde ich schon rauskommen. Und richtig, nach einiger Zeit treffe ich auf einen weiteren Wirtschaftsweg und entdecke den bekannten Kringel an einem Baum. Da hab ich wohl etwas abgekürzt...

Einige Zeit später komme ich an ein einsames Wohnhaus mit Wirtschaftsgebäuden. Ob das der Augustenhof aus der Wegbeschreibung ist?
Er ist es. Ein Schild weist darauf hin, dass es hier schottische Hochlandrinder gibt. Ich entdecke sie auf einer Weide und bin begeistert, so hübsche Tiere.




Nach einigen 100 Metern knickt der Weg scharf nach links ab und führt durch einen wunderschönen Wald.


So langsam könnte mal eine Bank kommen, ich möchte eine Pause machen. Die kommt auch auf freiem Feld, kurz vor einem kleinen Dorf. Obwohl ich hier in der prallen Sonne sitze, macht es nichts. Es weht ein angenehmes Lüftchen. Ich strecke die Beine aus und genieße die Aussicht ins Lahntal, hach ist das schön.



Jetzt will ich doch mal wissen wie spät es ist und hole mein Handy aus dem Rucksack.
Was?????? 13.59 Uhr?????????
Ich bin schon bald 5 Stunden unterwegs und kann es kaum glauben. Der Weg kam mir doch gar nicht so lang vor. Naja, den größten Teil habe ich bereits hinter mir.
Meinen Füßen geht es sehr gut, und auch sonst spüre ich noch keine Zipperlein.
Also, weiter geht´s.

An einer Scheune ist das Wanderzeichen und ein Pfeil nach links. Hmmm, links ist eine Einfahrt zu einem Bauernhof. Ich soll also über Privatgelände laufen? Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.
Ich bleibe erst einmal auf der Teerstraße und halte Ausschau nach Wegzeichen. An einem Strommast finde ich welche, nur meins ist nicht dabei.

Wieder zurück zur Scheune. Ich schaue genauer hin und sehe, dass der Bauer einen Elektrodraht über die Einfahrt gespannt hat. So können seine Pferde, die inzwischen vor mir stehen, in den Stall gehen, wann sie wollen.

Ich bleibe dann doch lieber auf dem Teerweg und hoffe auf mein Glück. Der Weg führt durch das kleine Dorf namens Weide und dann leicht bergab. Nett ist es hier.

Bald mündet der Weg in eine Hauptstraße, die in einen etwas größeren Ort führt. Rückershausen. Ich seufze. Eigentlich sollte ich oberhalb laufen und nicht mittendurch.
Wo ich doch so ungern durch Wohngebiet gehe...

Es nützt alles nichts, ich stöpsel die Gummipuffer auf meine Stockspitzen und marschiere los.
Meine etwas abgekühlte Laune bessert sich, als eine Seitenstraße links abzweigt und ein Wegweiser zur Skihütte zeigt. Bingo, die Skihütte wird in der Wegbeschreibung erwähnt.

Dazu muss ich wieder den Berg hoch. Mit Stöcken ist das aber kein Problem, ich komme gut voran.
Hinter dem letzten Haus auf der linken Seite befindet sich eine Weide und Aussicht. Ich entdecke die alte und neue Lahntalschanze.


Ich sollte jetzt auf dem Weg in der Mitte sein und nicht hier. Ich muss grinsen. Was ich vorhin abgekürzt habe, hab ich jetzt wieder angehängt.
Die Skihütte ist bald erreicht und ich bin wieder auf dem richtigen Weg, der erst durch ein Waldstück und dann über freies Feld Richtung Oberndorf führt. Oberhalb des Ortes geht es über einen Teerweg leicht bergauf und bietet wieder einmal schöne Aussichten.

 
 

Bald darauf wird es unspektakulär. Es geht durch einen Wald, in dem kräftig geforstet wurde. Davon habe ich in einem Bericht im Internet schon gelesen. Es ist wirklich nicht schön, die Fahrzeuge der Waldarbeiter haben Spuren hinterlassen. Nichts, was es zu fotografieren lohnt.

Auf der rechten Seite gibt es eine Lichtung, ich bin gespannt, ob ich sehen kann, wo ich gerade bin. Vielleicht ein Blick auf Erndtebrück?
Ich sehe in einiger Entfernung auch etwas, wieder ein Reh?
Nein, es ist ein Wildschwein. Mir wird etwas mulmig. Obwohl ich schon vor einigen Jahren alles über diese Tiere gelesen habe (sicher ist sicher), fühle ich mich nicht so wohl. Erst recht nicht, als ich zwei Schritte weiter gehe und noch drei weitere Tiere entdecke, die auf der Lichtung herumschnüffeln. Noch nie sind mir Wildschweine begegnet. Was nun? Fotografieren trau ich mich nicht.
Ich suche mein Heil in der Flucht. Getreu dem Motto "Wenn ich Dich nicht sehe, siehst Du mich auch nicht" starre ich stur auf den Weg vor mir und gehe los. Dafür, dass ich schon über 20 Km auf dem Buckel habe, in einem guten Marschtempo. Hin und wieder schaue ich über die Schulter, aber es ist nichts zu sehen. Gott sei Dank.

Ich erreiche eine Straße. Allerdings ohne Verkehr. Wo bin ich denn jetzt gelandet? Geradeaus führt ein Wanderweg weiter, es ist aber nicht meiner. Ich entscheide mich spontan für rechts. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es richtig ist. Nach einem guten Kilometer komme ich an einen Sendermast der eingezäunt ist. Auf einem Schild steht "Achtung, millitärisches Sperrgebiet". Ups...

Auf der anderen Seite des Zaunes kommt ein Soldat vorbei, in Zivil, aber mit einem Schäferhund, der bei meinem Anblick anfängt zu kläffen.
Um nicht für einen feindlichen Eindringling gehalten zu werden, frage ich ob das der Weg nach Erndtebrück ist. Der Soldat ist freundlich, bringt seinen Hund zum schweigen und zeigt in die Richtung, aus der ich gekommen bin. "Dort entlang und dann rechts"

Mann, schon wieder verlaufen. Ich bedanke mich und marschiere den Kilometer wieder zurück. An der Wanderweg-Kreuzung setze ich mich erst mal hin und trinke etwas. Und weiter.

Ich komme an die K33 und den Wanderparkplatz "Am Dill". Und wo nun hin? Auf einer Hinweistafel entdecke ich eine Übersichtskarte vom Rothaarsteig und Vorschläge für Rundwege. Mein Weg ist nicht dabei.
Sieht ganz so aus, als müsste ich an der Straße entlang zurück nach Erndtebrück.
Ich überquere die Straße und gehe rechts, wie mir der Soldat gesagt hat.
Kurz darauf entdecke ich wieder mein Wanderzeichen. Klasse, jetzt geht es wieder auf einen Waldweg.


Bald darauf muss ich wieder über die K33. Es geht noch ein kurzes Stück durch den Wald, dann komme ich an einen Kyrill-Kahlschlag und habe endlich wieder Aussicht.
Ich fange innerlich an zu jubeln, das ist doch Erndtebrück und die Straße nach Benfe.


Gott sei´s getrommelt und gepfiffen, ich hab´s fast geschafft. Meinen Füßen geht es zwar immer noch gut, aber mein Wasservorrat neigt sich dem Ende zu und ich werde langsam müde. Mit einem glücklichen Grinsen im Gesicht marschiere ich flott den Berg runter und erreiche bald wieder den Zugang zum Mäanderweg Richtung Benfe.

Um 18.30 komme ich wieder an meinem Auto an, welches an einem Firmengelände brav auf mich gewartet hat.



Der erste Weg führt mich an die nahe Tankstelle, wo ich mir als Belohnung für den langen Weg eine eiskalte Coke-Zero gönne. Mann, tut das gut.
Dann geht's Richtung Hilchenbach, wo ich gegen 19 Uhr eintreffe. Erschöpft, aber zufrieden. Trotz einiger Verlaufer war es ein toller Weg.

Fazit:

Der Wittgensteiner Mäanderweg führt größtenteils über Wirtschafts- und Teerwege, die herrliche Landschaft macht das aber locker wett.
Die Wegezeichen könnten etwas zahlreicher vorhanden sein, vor allem an Abzweigungen.

Wer den Weg gehen möchte, sollte sich nicht nur die Werbeschreibungen durchlesen, sondern auch die Karten genau studieren. Ideal ist natürlich eine Wanderkate, auf der man unterwegs mal nachsehen kann (ich habe leider noch keine).

Auf jeden Fall kann ich den Weg nur weiter empfehlen.


Die Wegbeschreibung gibt es hier:

http://www.outdooractive.com/de/wanderung/siegerland-wittgenstein/maeanderweg/1513957/